Es gibt sehr viele Gründe für den Ausbruch von Hufrehe. Ich werde hier auch nur versuchen können, die meisten davon anzusprechen, denn Hufrehe ist bis heute immer noch nicht richtig erforscht. Mehr dann später in den hier folgenden Posts und auch in Verlinkungen zu Seiten, wo wir schon mehr an Infos zusammen gesammelt haben.
LG
Renate
13.03.15
Wenn ein Pferd Hufrehe bekommt, selbst zum wiederholten Mal, beginnt jedes Mal das Rätselraten, wovon es denn oder schon wieder gekommen sein mag.
Es gibt nahezu unzählige Möglichkeiten, auf die ein Pferd mit Hufrehe reagieren kann. Die meisten davon sind allerdings fütterungsbedingt und nicht selten eine Vergiftungserscheinung. Dabei ist zu bedenken, dass auch eine Überfütterung mit vielen Dingen, die in normalen Mengen gesund sind, zu Hufrehe führen kann, denn alles kann zum Gift werden, wenn man es übertreibt.
Hufrehe kann aber auch sozusagen von den Hufen ins Pferd gehen, dann nennt man sie Belastungsrehe, oder aber durch eine Geburt ausgelöst werden. Weiterhin gibt es einige chronische Krankheiten, die häufig mit ständigen Hufrehe-Schüben einher gehen. In diesem Fall ist es wichtig, die Grunderkrankung zu behandeln.
Ich möchte jetzt einzelne Gründe stichpunktartig aufzählen:
Hufrehe durch Überfressen
Zu viel Stärke, Zucker, Eiweiß und auch Fruktane - die ich persönlich in Deutschland für weniger relevant halte, weil unser Wetter die Bildung von so viel Fruktan im Gras gar nicht hergibt und die Studien aus Australien deshalb in meinen Augen zwar interessant, aber für uns nicht so wichtig sind - können dazu führen, dass es zu Fehlgärungen im Dickdarm kommt. Das Pferd hat eine sehr kurze Dünndarmpassage von nur ca. 1,5 Stunden. Was in dieser Zeit nicht durch Enzyme verdaut wird, landet im Dickdarmbereich und kann dort als Nahrung für säurebildende Bakterienstämme dienen, die dann das Millieu für die Bakterienstämme, die die für Pferde so wichtige Zellulose verdauen tödlich machen. Die Zellulosebakterien sterben dabei nicht nur ab, sondern auch die Darmwand wird durchlässig. Die Zellwandbestandteile der toten Zellulosebakterien landen dann als sogenannte Endotoxine im Blut der Pferde und docken dort an die Zellwände an, wo sie nicht hin gehören. Sie enthalten sogenannte Disulfidbrückenbindungen und nehmen so anderen Dingen im Stoffwechsel den Platz weg, die auch mit Disulfidbrückenbindungen binden wie dem Vitamin B1, dem Insulin, den Heparinen und mehr, wirken deshalb hochgradig giftig.
Das passiert zum Beispiel, wenn ein Pferd versehentlich aus der Box kommt und den Hafer- oder Müslisack leer frisst, wenn es Unmengen an Brot bekommt oder ihm Spaziergänger im Herbst kiloweise Obst über den Zaun werfen, meistens ja gut gemeint. Das kann auch passieren, wenn Pferde angeweidet werden und sich begeistert auf das erste grüne Gras stürzen, noch schlimmer, wenn dazwischen viel Klee wächst und das Anweiden nicht umsichtig, sondern von heute auf morgen geschieht. Auch nach einem trockenen Sommer und wenig Gras kann das Umstellen auf eine frische junge Weide im Spätsommer sich ähnlich katastrophal auswirken. Auch Eicheln sind Stärkebomben, aber ich werde gleich noch darauf zurück kommen, denn die enthalten außer extrem viel Stärke auch noch andere Dinge, die Hufrehe auslösen können. Aber alleine Mengen von Eicheln, die dem Inhalt von mehreren Eimern entsprechen, lösen auch schon wegen der darin enthaltenen Stärke selbst bei einem kerngesunden und nicht zu Hufrehe disponierten Pferd oft Hufrehe aus.
Hufrehe durch eine Vergiftung
Ich kann hier unmöglich alle Pflanzen aufzählen, die für Pferde giftig sind. Wenn ich Zeit habe, werde ich sicherlich hier in diesem Blog noch häufiger etwas über diverse Giftpflanzen posten, aber hier soll zunächst genügen, dass jede Giftpflanze potentiell Hufrehe auslösen kann. Besonders oft passiert das im Falle von Eicheln wegen der darin enthaltenen Gerbsäure, Bucheckern, die außerdem noch Blausäure enthalten, Klee wegen der darin enthaltenen Oxalsäure sowie Gerbsäure und bei manchen Kleearten außerdem auch noch Blausäure. Adlerfarn und Sumpfschachtelhalm zerstören das Vitamin B1 und sind ebenfalls hochgiftig und können Hufrehe auslösen. Bei empfindlichen Pferden können manchmal auch Medikamente giftig wirken, wenn Pferde ohnehin geschwächt sind und dann welche erhalten. Da kann weniger manchmal mehr sein. Für ein Pferd, das sich gerade von einer Hufrehe erholt, können alle Impfungen und sogar eine Wurmkur mit Pech ein neuer Hufrehe-Auslöser werden.
Im Falle der Vitamin-B1-Räuber wie Gerbsäure, Sumpfschachtelhalm, Adlerfarn und - ich komme nachher noch darauf zurück - Schimmel passiert folgendes: Die normalerweise gut abzubauenden Kohlenhydrate brauchen den Schritt über das Vitamin B1, um zunächst in den sogannten Citratzyklus eingeschleust zu werden und danach in die Atmungskette, wo sie zu reiner Energie umgewandelt werden, die das Pferd zum Leben braucht. Ist das blockert oder zu wenig davon da (meistens ist nicht alles zerstört, aber zu viel davon), dann muss der Pferdekörper es zunächst zu Laktat umwandeln. Dieses Laktat kann dann zwar wieder zu Glucose (also einem Kohlenhydrat) aufgebaut werden, kann aber bei zu vielen und zu lange vorhandenen Vitamin-B1-Räubern auch im nächsten Durchgang wieder nicht zu Energie verstoffwechselt werden. Der Körper schafft es dann auch irgendwann nicht mehr, es alternativ zunächst in die Fettzellen einzuschleusen, um das Blut zu entsäuern. Das Pferd übersäuert, und auch das führt zu einer meist ziemlich schlimmen Form der Hufrehe.
Die Gefahr ist besonders groß auf sumpfigen Weiden, wo Sumpfschachtelhalm wächst, auf Weiden mit einem besonders hohen Kleeanteil, im Herbst auf Weiden mit Eichen und Buchen im Knick oder Weiden an Waldrändern, wo sich Adlerfarn unter dem Zaun hindurch auf die Weide verbreitet hat.
Im Winter ist die Gefahr so einer Vergiftungsrehe immer dann besonders groß, wenn das Raufutter nicht in Ordnung ist, also Heu, Stroh und Heulage nicht ordentlich gemacht oder gelagert wurden und sich Schimmel gebildet hat. Gar nicht selten werfen geizige Pensionsstallbetreiber verschimmelte Raufutterbestände nicht weg. In so einem Fall bleibt nur die möglichst schnelle Flucht und vorher eventuell die teure Variante, Heu in Tüten zu bestellen, bis man aus dem Stall raus in einen besseren kann.
Hufrehe durch Schimmel
Wie ich oben schon beschrieben habe, zeigt sich Hufrehe im Winter meistens dadurch, dass das Raufutter nichts taugt, also Heu, Stroh und Heulage mit Schimmelkeimen durchsetzt sind. Es kann aber auch manchmal sein, dass sich Giftpflanzen im Heu und in der Heulage gefinden, die man besonders dann noch schlechter erkennt als auf der Weide.
Auch Kraftfutter kann verschimmelt sein. Lagerräume sollten trocken und sauber sein, angebrochene Tüten immer zügig verbraucht werden, aber es kann auch passieren, dass man bereits verschimmeltes Kraftfutter beim Händler kauft und es erst dann merkt, wenn das Pferd bereits krank ist.
Ebenso sollte man sehr umsichtig mit Möhren, Äpfeln, roter Beete und dergleichen umgehen. Solche Sachen müssen frisch und sauber sein und nicht angeschimmelt. Sehr gefährlich ist auch verschimmeltes Brot, auch getrocknetes.
Schimmel kann zwei Dinge verursachen, Hufrehe und mit viel Pech noch schlimmer Kolik, und jede Kolik kann mit sehr viel Pech auch tödlich verlaufen, Hufrehe seltener, aber auch die kann tödlich enden.
Seid vorsichtig mit den Äußerungen von Tierärzten, falls Ihr den gleichen Tierarzt habt wie der Betreiber eines großen Pensionsstalls. Nicht jeder Tierarzt verrät seine beste Einnahmequelle, wenn Euer Pferd aufgrund falscher Fütterung an Hufrehe oder Kolik erkrankt, sondern redet sich was in seinen Bart, weil er am Pensionsstall ja so gut verdient.
Es ist oft gut, einen eigenen Tierarzt zu haben, der meistens ehrlicher ist als der des Stallbetreibers. Das hat den Grund, dass auch Tierärzte es heute wirtschaftlich nicht immer leicht haben, denn die meisten Menschen in Deutschland haben nicht mehr viel Geld zum Ausgeben und müssen sparen.
Die Nachgeburtsrehe
Ich habe es persönlich noch nicht erlebt, aber schon häufig etwas darüber gelesen, dass nach der Geburt eines Fohlens Pferde plötzlich an Hufrehe erkranken. Es gelangen dann auch Endotoxine ins Blut. Ich weiß nicht genau wie, möchte es aber nicht unerwähnt lassen, dass so etwas passieren kann. Falls es bei Euch so ist, müsst Ihr eventuell noch nach Quellen suchen, die es genauer erklären können.
Die Belastungsrehe durch Erschütterung, falsche Hufbearbeitung oder verdreckte Ausläufe
Auch eine normale Huflederhautentzündung kann sich in Hufrehe verwandeln. Das passiert oft bei einer Belastungsrehe. In diesem Fall kann zum Beispiel ein heftiger Galopp auf einem besonders harten Untergrund wie einer Teerstraße bei empfindlichen Hufen, auch eine Verletzung am Huf oder in der Nähe des Hufs wie dem Kronrand oder der Fesselbeuge und ebenfalls zu tiefes Ausschneiden der Hufsohle oder aber eine falsche Hufstellung durch einen Schmied oder Hufpfleger zum Ausbruch einer Hufrehe führen.
Es gibt Hufpflegeschulen, die vehement bestimmte Formen der Hufstellung unterrichten, wie die nach Dr. Straßer, was leider nicht jedes Pferd verträgt, ohne danach mit Hufrehe zu reagieren. Es kommt hier sehr auf den natürlichen Fesselstand eines Pferdes an, ob das passiert oder nicht. Weicht der natürliche Fesselstand zu sehr von so einer Hufpflege ab, ist eine Hufrehe nahezu vorprogrammiert, die sich oft zunächst über diverse Hufgeschwüre entwickelt, aber mit der Zeit auch chronisch und besonders gefährlich werden kann, weil man leider auch nichts wieder an die Hufe ankleben kann, sondern dann abwarten muss, dass sie wieder nachwachsen.
Für jeden Schmied, der danach so etwas wieder in Ordnung bringen muss, ist es ein echtes Kunststück, dem Rehepferd nach so einer Belastungsrehe wieder auf die Beine zu helfen.
Ein weiterer Grund für eine Belastungerehe kann Strahlfäule durch zu viele Bakterien und Dreck im Auslauf oder Stall sein. Der Strahl kann sich so regelrecht auflösen und die Bakterien ziehen bis nach oben in die Huflederhaut und lösen so auch eine oft extrem gefährliche Hufrehe aus.
Achtet unbedingt auf halbwegs sauberen Boden. Es ist besonders im Winter wichtig, den Auslauf immer ordentlich abzuäppeln, den Stall anständig auszumisten und auch im Sommer, die Weiden zu pflegen. Wo das nicht machbar ist, sollte man gehen und sich einen anderen Stall suchen.
Hufrehe bei chronischen Krankheiten
Wenn es keine plausible Erklärung für den immer wieder neuen Ausbruch einer Hufrehe mehr gibt, dann kann oft eine chronische Erkrankung der Grund dafür sein. Zu den Krankheiten, die fast immer mit Hufreheschüben einhergehen, gehören das equine Cushing-Syndrom, das equine metabolische Syndrom (EMS) und die equine Polysaccharidspeichermyopathie (EPSSM).
Wie das behandelt werden kann, werde ich im Punkt Behandlung noch näher erklären.
Heraus finden kann man das equine Cushing-Syndrom und die equine Polysaccharidspeichermyopathie über eine labordiagnostische Untersuchung durch einen Tierarzt bzw. das Labor, mit dem er zusammenarbeitet. Bei EMS ist das schwieriger.
Man erkennt Pferde, die dazu neigen, aber am sogenannten Speckhals .. ganz harten eigenartigen Fettansammlungen unterhalb des Mähnenkamms, Fettansammlungen über den Augen und anderen Stellen, wo es nicht hin gehört. Die Pferde sind sonst oft gar nicht fett, können durchaus schlank sein, haben aber diese komischen nicht für Pferde typischen Fettpolster. Ein gut geformtes Kaltblut oder ein dicker Hafi muss das nicht haben. Es gibt auch Pferde, die von Natur aus rund sind, aber deshalb nicht zu Hufrehe neigen. EMS ist etwas anderes. Man findet viele Fotos von den Haltern solcher Pferde im Internet, wenn man die entsprechenden Suchworte eingibt.
Hufrehe durch Hyperlipidämie
Hufrehe kann beim gut gemeinten Versuch, ein dickes Pferd zum Abnehmen zu bringen, auch durch die oft tödlich verlaufende Hyperlipidämie der Pferde entstehen. In diesem Fall baut das Pferd Riesenmengen Depotfett ab, weil es nicht genug zu Fressen kriegt. Das überlastet den Stoffwechsel komplett. Oft sterben Pferde daran. Mit Glück überleben sie es, haben aber anschließend fast immer eine schlimme Hufrehe, die es auszuheilen gilt.
Ein Pferd sollte immer genug Heu bekommen, auch wenn es dick ist, nie länger als vier Stunden nicht gefüttert werden, auch wenn es dick ist. Wenn es dabei nicht noch mehr abnimmt, gehört es eben rundlich und sollte lieber so bleiben, bevor man es gut gemeint durch Hunger um die Ecke bringt.
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Ich glaube, ich habe jetzt zumindest die meisten Gründe, weshalb ein Pferd Hufrehe bekommen kann, hier aufgeführt. Sollte ich noch etwas vergessen haben, würde ich mich über entsprechende Kommentare freuen.
Generell muss ich abschließend noch folgendes sagen:
Auf alle diese genannten Gründe reagieren nicht alle Pferde gleich schnell mit dem Ausbruch einer Hufrehe. Manche tolerieren mehr dieser Dinge als andere, bevor sie krank werden.
Warum das so ist, ist bis heute wissenschaftlich nicht geklärt, auch wenn sich die Wissenschaft seit hunderten von Jahren schon damit beschäftigt.
LG
Renate
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