Die Zeit des Anweidens ist statistisch gesehen die zweithäufigste Zeit für Hufrehe-Schübe
Es dauert jetzt nicht mehr lange, bis wieder viele Pferde zum Anweiden erstmalig auf eine üppige Weide wie die auf dem Bild oben gelassen werden.
Das Pferd rechts, das sich gerade so sehr über die üppige Maiweide freut, ist unsere kleine Chiwa, die leider zu Hufrehe neigt.
Die Weide, auf der sie dort gerade fröhlich springt, ist bei Hufrehe relativ ungefährlich, weil dort kaum Klee wächst. Das Foto stammt von letzten Jahr, als wir dieses Weidestück gerade ganz neu für unsere Rehegruppe dazu bekommen hatten. Natürlich durfte diese Rehegruppe dort nie lange grasen, denn wir haben ja Erfahrung mit Hufrehe.
Der Mai ist zwar nicht der Monat, an dem die meisten Pferde an Hufrehe erkranken, sondern nur der Monat, an dem die zweitmeisten Pferde diese schlimme Krankheit wieder oder auch oft zum ersten Mal bekommen, aber als 2. Monat in der Hufrehe-Statistik schon eine sehr gefährliche Zeit.
Sehr häufig liegt es am unvernünftigen Anweiden, wenn Pferde im Mai zum ersten Mal oder wieder einmal Hufrehe bekommen.
Hat ein Pferd auch nur einmal im Leben Hufrehe gehabt, bleibt die Anfälligkeit, diese Krankheit erneut zu bekommen, ein Leben lang erhöht bestehen. Niemand weiß, warum das so ist, denn diese schlimme Krankheit ist noch lange nicht vollständig erforscht, aber man weiß, dass es so ist.
Deshalb sollten auch alle Menschen, deren Pferde noch nie Hufrehe hatten, gerade wenn es ums Anweiden geht, besonders vorsichtig sein.
Dass es beim Anweiden so oft plötzlich bei einzelnen Pferden zum Ausbruch von Hufrehe kommt, hat folgenden Grund:
Die Darmflora ist auf reine Heufütterung eingestellt, das viele getrocknete Grasähren und zellulosehaltige Grashalme enthält.
Junges Gras ist ganz anders zusammengesetzt und besteht überwiegend aus Eiweiß und Zuckerarten. Es ernährt völlig andere Baterienstämme als es Heu tut.
Vermehren sich nun die Bakterienstämme, die viel Eiweiß und Zuckerarten lieben, zu sehr und wandern in die Darmabschnitte, die für die Zelluloseverdauung zuständig sind, kommt es dort zu einer Verschiebung des ph-Wertes in Richtung saurer als sonst. Die Zellulose-spaltenden Bakterien vertragen das nicht und sterben reihenweise ab, die Darmwand wird auch noch durchlässig und die Zellwandbestandteile der toten Zellulose-Bakterien wandern als Endotoxine durch die Darmwand in die Blutbahn der Pferde. Von dort gelangen sie zu den Integrinen der Zellen und blockieren dort lebenswichtige Funktionen.
Es leuchtet sicherlich jedem unter diesem Aspekt ein, dass der Pferdedarm vorsichtig auf die Umstellung von Heu auf Gras vorbereitet werden muss, damit der Wechsel der Bakterienstämme langsam vonstatten geht.
Jeder vernünftige Pferdehalter sollte deshalb mit kurzen Anweidephasen wie einer Viertelstunde und langsam ansteigend beginnen, es sei denn, die Pferde sind durch eine Dauer-Winterweide nicht vollkommen vom Gras entwöhnt.
Unsere Rehegruppe, die in diesem Frühling aber eine andere ist als die hier gezeigte, weil sich im Stall inzwischen einiges geändert hat, hat übrigens so eine Dauerwinterweide.
Die Fotos von dem eher kurzen Weideland, die ich jetzt zuletzt gezeigt habe, stammen von dieser Winterweide, die sich an unserem Stall befindet.
Wir sind dort allerdings dennoch sehr vorsichtig mit der Weidezeit, weil unsere Hausweide sehr viel Klee enthält, und Klee ist bei Hufreheneigung auch gefährlich.
Generell haben wir in dem Stall, in dem sich Chiwa von ihrem letzten Hufreheschub inzwischen so gut erholt hat, dass sie auch wieder geritten werden kann, die Möglichkeit, unser Rehepony so zu halten, wie es am besten für sie ist, und unsere große Prima leistet ihr dabei Gesellschaft, was keinem Pferd schadet, denn ein wenig grasen dürfen beide ja, wie man hier sehen kann.
Vor dem Stallwechsel haben wir erlebt, wie unvernünftig manche Pensionsstallbetreiber mit dem Anweiden sein können, und das aus reiner Bequemlichkeit.
Dort waren die Pferde in den Wintermonaten auf einem nicht genutzten Maisfeld und wurden ohne sie vorher anzuweiden, dann von heute auf morgen 24 Stunden lang auf auch noch kurz vorher mit reinem Pferdemist gedüngtes üppiges Weideland gelassen.
Die Stallbetreiber sagten, zum langsamen Anweiden würde ihnen, da berufstätig, die Zeit fehlen. Die Pferde müssten diesen abrupten Futterwechsel abkönnen, obwohl dort schon Pferde sowohl an Hufrehe als auch mehrfach an Kolik gestorben waren.
Dieses Beispiel dürfte zeigen, dass falsches Anweiden nicht nur Hufrehe, sondern mit Pech sogar eine tödlich verlaufende Kolik auslösen kann.
Deshalb seid vorsichtig, wenn es jetzt bald wieder soweit ist.
Auch wenn Ihr ganz gesunde Pferde habt, die noch nie Hufrehe hatten, nehmt Euch genug Zeit, ganz langsam steigernd anzuweiden. Damit erspart Ihr Euch und Euren Pferden eine Haltungsform, die Chiwa heute zum Überleben braucht, nämlich nie länger als stundenweise auf eine Weide zu dürfen und sonst sommers wie winters immer überwiegend mit Heu ernährt zu werden.
LG Renate
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